Jetzt lassen sie mich gefälligst erst mal ausreden!

Vier Stühle, ein Flipchart und jede Menge Ausstrahlung. Damit führte Piroska Gavallér-Rothe ihre Zuschauer vor Ort und im Zoommodus durch den Abend. «Wertschätzend Klartext reden» war die Devise, ein Thema, das auch in unserem Rhetorikclub einen grossen Stellenwert einnimmt. Am Beispiel einer Szene aus ihrem Buch und zahlreichen eigenen Anekdoten nahm uns Piroska, redegewandt und charmant, mit auf eine Reise der inneren Selbstfindung. Im Angesicht eines sich anbahnenden Konfliktes liess sie uns als erstes auf dem Stuhl eins Platz nehmen, dort, wo sich Selbstzweifel, Überforderung und Schuldgefühle tummeln. «Klar, mal wieder nicht geschafft! Das schaff ich nie!» Bereits der Stuhl zwei, war angenehmer für das Selbst, jedoch nicht zwingend für unser Umfeld, projizierte die Schuld sofort ins Aussen. Wertend, schnell, undifferenziert und meist auf Krawall gebürstet. Bei Stuhl drei ging dann die Arbeit los. Erst einmal atmen. Übersicht erlangen. Was war da eben los? Wie geht es mir gerade und warum genau? Kann ich das Empfundene und Gedachte irgendwie biografisch einordnen und für diesen Anteil Verantwortung übernehmen? Erkenntnis, Akzeptanz und Reflektion waren hier wichtig und im Prozess die Schlüsselstelle für eine veränderte Konfliktgestaltung. Von Stuhl drei kommend, mit unserer Atmung bereits im Einklang und mit der Überzeugung, dass wir doch eigentlich ganz ok sind, setzte uns Piroska noch auf den letzten Stuhl, Stuhl vier. Warum hatte unsere Chefin brüsk mit dem Spruch: «Jetzt lassen sie mich gefälligst erst mal ausreden» unsere höfliche Frage abgeschmettert? Selbst im Stress? Überfordert? Will sie mich wirklich nur fertig machen oder steckt da möglicherweise noch etwas anderes dahinter? Stuhl vier führte uns also zum anderen, arbeitet daran, den anderen auch als «vermutlich ok» zu erachten, Verständnisfragen zu stellen, ihn in seiner Abhängigkeit von inneren und äusseren Aspekten zu erkennen, auf Augenhöhe mit unseren eigenen Empfindlichkeiten.
Die grosse Kunst, das dialogische Miteinander, der Tanz zwischen: «Ich verstehe was du meinst, für mich zeigt es sich jedoch auf eine andere Art …», in einer wertschätzenden, da den anderen nicht per se abwertenden Art und doch mit klarem Gefühl für die eigenen Bedürfnisse und Meinungen, konnte in unserem knapp zweistündigen Vortrag nicht trainiert werden. Dafür verwies Piroska jedoch auf diverse Workshops und weitere Vorträge und ihr Buch: Wertschätzend Klartext reden.
Herzlichen Dank Piroska und allen Anwesenden im Präsenz- und Zoommodus für einen spannenden, anregenden Abend. Wer uns wiedersehen und gerne einmal einen regulären Toastmasterabend erleben möchte, sei herzlich eingeladen zum nächsten Treffen am 02. Mai.


Herzlich
Ulrike